Der Leipziger Marktplatz ist an diesem kalten Samstagnachmittag in Grillduft getaucht, ganz als wäre Sommer, gleichzeitig Fußball-WM und jeder mit Bier in der einen und Fleischzange in der anderen Hand im Garten. Doch der Duft von Kohle, Bratwurst und Marinade stammt vom Wintergrillen.
Das Wintergrillen der Krostitzer Brauerei ist Deutschlands größter Grillwettbewerb und fand am Samstag bereits zum 15. Mal statt. Natürlich geht es hier um die Wurst, aber auch ums Steak und alternatives Grillgut, bei dem etwas Vegetarisches zubereitet werden muss - dabei ist süß genauso erlaubt wie herzhaft. Eine Jury bewertet am Ende Geschmack, Garzustand und Gesamteindruck.
Manche der meist männlichen Teilnehmer sind hier seit Anbeginn der Grillzeit 2011 dabei. So wie Daniel und Markus Kretzschmann, 34 und 35 Jahre alt. Als „Firma Wurzen“, Beiname Muskeltiere, treten die Brüder jedes Jahr zum Wintergrillen auf dem Marktplatz an. Gewonnen haben sie noch nie. Das sei nie ihr Ziel gewesen und ist es auch dieses Jahr nicht: „Wir sind keine Profi-Griller, für uns zählt hier der olympische Gedanke, also einfach dabei zu sein“, sagt Daniel Kretzschmann. „Spaß an der Freude“ und die gute Stimmung unter Teilnehmenden und Gästen seien mehr wert als jeder Preis.
Was die Brüder aus Wurzen neben „Spaß an der Freude“ mit den anderen hier am zur Verfügung gestellten Mini-Grill eint: Wer nicht abgrillt, der muss gar nicht angrillen. Alle paar Wochen heizen sie zu Hause den Rost an, bei Anlässen wie Geburtstagen gibt es meist Grillgut. Und das kommt am besten vom Holzkohlegrill, da sind sich die Brüder einig. Ein Elektrogrill reiche für den Balkon, so ihre Überzeugung – „Wir sind nicht für E-Grillen, auch wenn wir beide gelernte Elektriker sind“, lachen die Brüder.
Auf die Holzkohle schwören auch Hendrik Müller (47) und Torsten Schröder (55) vom Team „Wasserballgötter“. Auch dieses Team ist, teils in wechselnden Besetzungen, seit 15 Jahren konsequent beim Wintergrillen dabei und hat mehrfach in verschiedenen Kategorien gewonnen. Wie oft genau wissen die Leipziger gar nicht mehr zu sagen, es sei ja nicht so wichtig, finden sie.
Sie machen aus „Liebe zum Essen“ mit, halten sich die zwei symbolisch die Bäuche. Am Grill zu stehen, sei aber einfach etwas anderes als in der Küche zu stehen. Abgegrillt wird bei ihnen traditionell am 31. Dezember, angegrillt wird am 1. Januar, scherzen die Leipziger.
Wir sind keine Profi-Griller, für uns zählt hier der olympische Gedanke, also einfach dabei zu sein.
Daniel Kretzschmann; Team "Firma Wurzen"
Man könnte, ob beim Blick auf den Leipziger Markt oder an jedem x-beliebigen Sommertag, ja meinen, Grillen sei eine reine Männersache. Gegenteiliges beweisen mehrere Frauenteams wie die „Fleischfeen“ aus Leipzig. Anders als die meisten Teilnehmer schwören sie zu Hause auf den Gasgrill, erzählen Anjuta Rackwitz (40) und Anja Migalk (49). Und auch an dem wird in ihren Familien ganzjährig gestanden – nur eben sind es vorwiegend ihre Männer, die grillen.
„Wir können eigentlich nicht grillen, machen es hier aber trotzdem“, sagt Anjuta Rackwitz lachend. Die „Fleischfeen“ nehmen das fünfte oder sechste Mal teil, so genau wissen sie es nicht. 2024 machten die Frauen den zehnten Platz beim Wintergrillen.
In diesem Jahr waren final dann alle Siegerteams weiblich. Den Goldenen Grill heimste Team „Iss Dufte“ (Caroline Weinroth und Nicole Müller) ein, die sich außerdem über den zweiten Platz beim „Alternativen Grillgut“ freuen konnten. Den Sieg in dieser Kategorie brachten die „Greifenhainer Grilldamen“ (Johanna Lohse und Lydia Winkler) nach Hause. Auch die Auszeichnung für die „Beste Performance“ ging an ein Frauenteam, Laura Todte und Christiane Gabler vom Team „Wild Wild Wurst“.
Frau oder Mann, alle Teilnehmenden bekommen neben kostenlosen Bratwürsten, Steaks und dem kompletten Grill-Equipment einen Kasten Ur-Krostitzer-Bier pro Team zur Verfügung gestellt. Eine Grundregel, die man hier an verschiedenen Grills hören kann: Mit Bier wird der Grill nicht abgelöscht. „Es gehört in den Bauch“, sagt Daniel Kretzschmann und nimmt einen Schluck. Im nächsten Jahr wollen sie wieder dabei sein.
Da werden sie wieder schnell sein müssen. Das Wintergrillen genießt Kultstatus unter den Fans des heißen Rosts: Bei der Anmeldung am 12. Dezember um 12.12 Uhr vergingen nur zwei Minuten, bis sämtliche 100 Startplätze vergriffen waren.
2025-01-20T05:58:00Z